Eine Meta-Analyse von 30 Ökobilanzen durch das nova-Institut für Innovation und Ökologie im Auftrag der Firma Proganic zeigt eindeutig positive Ergebnisse für die weit verbreiteten bio-basierten Kunststoffe PLA und PHA/PHB.
Seitdem sich bio-basierte Kunststoffe mehr und mehr etablieren und zweistellige Zuwachsraten zeigen, wird zunehmend in der Öffentlichkeit diskutiert, ob diese neuen Kunststoffe, die statt auf Erdöl auf Biomasse basieren, wirklich ökologische Vorteile aufweisen – oder nicht. Die Firma Proganic GmbH & Co. KG, die ausschließlich auf bio-basierte Kunststoffe setzt und bereits verschiedene Produktserien wie Garten- und Haushaltsartikel im Handel platzieren konnte, wollte es genau wissen und gab dem nova-Institut aus Hürth im Rheinland den Auftrag, eine umfassende Meta-Analyse zu PLA und PHA/PHB durchzuführen und damit die Frage nach der ökologischen Wertung auf neuestem wissenschaftlichen Stand zu beantworten. Proganic-Geschäftsführer Oliver Schmid: „Immer mehr Kunden interessieren sich für bio-basierte Lösungen, aber nur für solche, die klar ökologische Vorteile nachweisen können. Wir sind es unseren Kunden schuldig, belastbare Informationen zu generieren und zur Verfügung zu stellen.“
Der von Proganic eingesetzte Werkstoff Proganic® besteht aus den bio-basierten Polymeren PLA und PHB sowie Mineralien und Carnaubawachs. Das nova-Institut betrachtete in der Meta-LCA daher Polylactide (Polylactic acid, PLA) und Polyhydroxyfettsäuren (Polyhydroxyalkanoate, PHA, und speziell Polyhydroxybutyrate, PHB), beides weit verbreitete bio-basierte Kunststoffe mit einem großen Anwendungsspektrum.
Der Ressourcenverbrauch nicht erneuerbarer, fossiler Rohstoffe nimmt einen zentralen Stellenwert in den derzeitigen politischen Debatten ein: Einerseits führt die Emission von Treibhausgasen infolge der Nutzung dieser Ressourcen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ernsthaften Auswirkungen auf das globale Klimasystem mit unvorhersehbaren Konsequenzen für die Weltbevölkerung. Andererseits führt die Verknappung fossiler Rohstoffe zu steigenden Rohstoffpreisen, ökonomischen Abhängigkeiten und politischen Unruhen. Kunden legen deshalb vermehrt Wert auf den Kauf von ökologisch und ethisch vertretbaren Produkten.
Das Ergebnis der Meta-Analyse von 30 Ökobilanzen zu PLA und PHA/PHB
Die Herstellung der bio-basierten Polymere PLA und PHA/PHB bietet ökologische Vorteile gegenüber der Herstellung petrochemischer Kunststoffe: Der Ausstoß an Treibhausgasen und ebenso der Verbrauch fossiler Ressourcen werden eindeutig verringert. Bei einer Substitution von petrochemischen Kunststoffen durch bio-basierte Kunststoffe kommt es dadurch zu positiven Effekten in den Wirkungskategorien Klimawandel und fossiler Ressourcenverbrauch – zwei Kriterien, die in der aktuellen politischen und öffentlichen Diskussion eine zentrale Rolle spielen. Michael Carus, Co-Autor und Geschäftsführer des nova-Instituts, zeigt sich überrascht: „Wir hatten nach den aufgeregten öffentlichen Debatten der letzten Monate kein so klares Ergebnis erwartet, zumal bio-basierte Kunststoffe ja erst noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Die Meta-Analyse zeigt daher nicht nur die heute bereits bestehenden Vorteile, sondern das erhebliche ökologische Potenzial infolge weiterer Prozessoptimierungen.“
Abbildung 1: Vergleich der Umweltwirkungen verschiedener Polymere und Proganic® in den
Wirkungskategorien Klimawandel und fossiler Ressourcenverbrauch
Abbildung 1 zeigt drei sich voneinander abgrenzende Ellipsen, welche die Punktwolken (engl. Cluster) der Ergebnisse darstellen. Die Ellipse oben rechts, die Daten mit einem fossilen Ressourcenverbrauch von mehr als 70 Megajoules pro Kilogramm Kunststoff und einem Ausstoß an Treibhausgasemissionen von zum Teil deutlich über drei Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Kunststoff enthält, ist den petrochemischen Kunststoffen zuzuordnen. Die anderen beiden Ellipsen stellen die Ergebnisse der bio-basierten Kunststoffe PLA und PHA/PHB dar. Deren Werte für den Verbrauch fossiler Ressourcen sind niedriger als 70 Megajoules pro Kilogramm Kunststoff. Gleichzeitig liegt der Ausstoß von Treibhausgasemissionen für bio-basierte Kunststoffe deutlich unter einem Wert von drei Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Kunststoff. Dabei weist die Ellipse von PHA/PHB eine wesentlich größere Streuung der Ergebnisse gegenüber der Ellipse von PLA auf.
Abbildung 2: Einsparung von fossilen Ressourcen aufgrund der Produktion bio-basierter Polymere im
Vergleich zur Herstellung petrochemischer Polymere
Abbildung 2 zeigt, dass die Herstellung bio-basierter Polymere im Vergleich zu allen untersuchten petrochemischen Kunststoffen zu einer Einsparung an fossilen Ressourcen führt. Das größte Einsparungspotenzial ist im Vergleich zu Polycarbonat (PC) festzustellen. Das durchschnittliche Einsparungspotenzial bei der Herstellung von PLA beträgt hier 56 ± 13 Megajoule pro Kilogramm Kunststoff. Das durchschnittliche Einsparpotenzial bei der Herstellung von PHA gegenüber PC beträgt 65 ± 25 Megajoule pro Kilogramm Kunststoff. Doch auch im Vergleich zu PP, HDPE, LDPE, PET und PS sind durchschnittliche Einsparungen in einer Größenordnung zwischen 20 und 40 Megajoule pro Kilogramm Kunststoff zu erwarten.
Abbildung 3: Einsparung von Treibhausgasemissionen aufgrund der Produktion bio-basierter Polymere im
Vergleich zur Herstellung petrochemischer Polymere
Abbildung 3 zeigt, dass die Herstellung bio-basierter Polymere in den überwiegenden Fällen im Vergleich zur Produktion petrochemischer Kunststoffe auch zu einer Einsparung an Treibhausgasemissionen führt. Die größte Einsparung an Treibhausgasemissionen tritt wieder beim Vergleich zwischen bio-basierten Polymeren und Polycarbonat (PC) auf. Für PLA beträgt das durchschnittliche Einsparpotenzial in diesem Fall 4,7 ± 1,5 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Kunststoff. Für PHA beträgt das durchschnittliche Einsparpotenzial in diesem Fall 5,8 ± 2,7 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Kunststoff. Im Vergleich zu PET und Polystyrol (PS) sind bei der Herstellung von bio-basierten Polymeren noch deutliche Einsparungspotenziale im Rahmen zwischen 2,5 und 4,2 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Kunststoff zu verzeichnen. Die geringsten Einsparpotenziale treten im Vergleich von bio-basierten Polymeren zu Polypropylen (PP) auf.
Ergebnisse für Proganic®
Welche Bedeutung haben diese Ergebnisse für das Compound Proganic®? Das nova-Institut hat hierzu eine einfache Modellberechnung erstellt, um die Umweltbelastung von Proganic® in den genannten Wirkungskategorien abschätzen zu können. Der Werkstoff Proganic® besteht aus den Materialien PLA, PHB, Mineralien und Carnaubawachs. Die Treibhausgasemissionen und der Verbrauch von fossilen Ressourcen bei der Herstellung von Proganic® sind maßgeblich von diesen Komponenten PLA und PHB bestimmt. Für die Modellberechnung wurden in beiden Wirkungskategorien die Werte von NatureWorks LLC und Metabolix Inc. genutzt. Für die Mineralien wird ein Treibhauspotenzial von 75 Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Mineral angenommen. Von Carnaubawachs mit dem kleinsten Masseanteil sind keine relevanten Einflüsse zu erwarten. Des Weiteren wurden die Compoundierprozesse und die Transporte in der Rechnung berücksichtigt.
Das Ergebnis: Bei der Berechnung des Treibhauspotenzials von Proganic® wurde ein Wert von 0,5 Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm des Biowerkstoffs ermittelt. Der Verbrauch von fossilen Ressourcen wurde mit 27 Megajoule pro Kilogramm Proganic® berechnet. Das bedeutet: Wenn die Herstellung von PLA und PHB im Vergleich zur Herstellung petrochemischer Kunststoffe zu geringeren Treibhausgasemissionen und geringerem Verbrauch fossiler Ressourcen führt, so ist dies nach unserer Modellrechnung auch für Proganic® selbst zu erwarten. In Abbildung 1 sieht man die entsprechenden Werte mit dem Firmenlogo von Proganic® markiert.
Weitere Ergebnisse der Meta-Analyse
Petrochemische Kunststoffe haben im Vergleich zu bio-basierten Kunststoffen bereits eine lange Entwicklungszeit erfahren. Aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass die Lernkurve für eine effiziente Produktion von bio-basierten Polymeren in den kommenden Jahren im gleichen Maße steigen wird wie der Wachstum des Biokunststoffmarktes angenommen wird.
Damit einhergehend steigt der Forschungsbedarf, insbesondere der Bedarf zur Weiterentwicklung von Methoden zur Bewertung der Umweltbelastung bio-basierter Polymere. Neben der Entwicklung von Standards zur Berücksichtigung der temporären Speicherung von Kohlenstoff in bio-basierten Produkten besteht ein Wissensdefizit hinsichtlich der Auswirkung indirekter Landnutzungsänderungen sowie der Kohlenstoffdynamik auf landwirtschaftlichen Flächen. Sensitivitätsanalysen und dynamische Modelle können einen positiven Beitrag zur Weiterentwicklung der bestehenden Methoden leisten.
Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigen, dass die Umweltbelastung bio-basierter Polymere auch von der jeweiligen nachwachsenden Rohstoffbasis abhängig ist. Die Frage, welche nachwachsenden Rohstoffe die geringste Umweltbelastung hervorrufen, kann jedoch aufgrund der geringen Datenbasis nicht abschließend beantwortet werden. Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass die Nutzung von Nebenprodukten die Flächeneffizienz der nachwachsenden Rohstoffe und damit die Ökobilanz bio-basierter Polymere verbessert. Die Nutzung von landwirtschaftlichen Nebenprodukten (z. B. Maisstroh, Zuckerrohrbagasse, etc.) zur Erzeugung von Prozessenergie (Wärme, Strom) verbessert dabei ebenso die Ökobilanz wie deren Nutzung als zusätzliche Rohstoffquelle (2nd generation biopolymers).
Methodik zur ökologischen Bewertung von bio-basierten und petrochemischen Kunststoffen
Das Verfahren der Ökobilanz (Life Cycle Assessment, LCA) wird dazu eingesetzt, die ökologischen Auswirkungen eines Produktsystems zu erfassen; es ist international genormt (ISO 14040). Eine Meta-Analyse verschiedener Ökobilanzen für Bio-Polymere wie PLA und PHA macht es im Gegensatz zur Betrachtung einer einzelnen Ökobilanz möglich, eine Übersicht über ökologische Vor- und Nachteile des Einsatzes von PLA und PHA im Vergleich zum Einsatz von Polypropylen und anderen Kunststoffen auf petrochemischer Basis aufzuzeigen.
Die Meta-Analyse ist eine statistische Methode, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Ergebnissen verschiedener Studien darzustellen und die Gründe für deren Ausprägung zu analysieren. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Themen fossiler Ressourcenverbrauch und Klimaschutz in der öffentlichen Debatte ist der inhaltliche Fokus der Meta-Analyse auf zwei Kategorien ökologischer Auswirkungen beschränkt. Dabei versteht man unter fossilem Ressourcenverbrauch sämtliche fossile Ressourcen, die stofflich oder energetisch zur Produktion des Kunststoffs genutzt werden (in MJ/kg). Indikator für den Klimaschutz ist das Treibhauspotenzial in CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Kunststoff.
Bei den betrachteten Studien handelt es sich um so genannte „cradle to gate“ Analysen, d. h. die betrachteten Umweltwirkungen werden von der Wiege (z.B. Anbau der nachwachsenden Rohstoffe) bis zum Werkstor (z.B. Bereitstellung der Kunststoff-Granulate) analysiert. Alle daran anschließenden Abschnitte des Produktlebensweges, wie z. B. die Nutzungsphase oder die Entsorgungsphase, bleiben somit in den meisten Studien unberücksichtigt.
In der durchgeführten Meta-Analyse wurden mehr als 30 Studien zur ökologischen Bewertung der Produktion (Material- und Energieströme, Vorprodukte) von Polylactiden (PLA) und Polyhydroxyfettsäuren (PHA/PHB) geprüft, ausgewertet und in ihren Ergebnissen verglichen. Dadurch ist eine Generalisierung von Aussagen möglich und die Ableitung belastbarer Schlussfolgerungen bezüglich der Stärken und Schwächen der analysierten Produktsysteme durchführbar.
Die in der Meta-Analyse betrachteten Wirkungskategorien sind fossiler Ressourcenverbrauch und Klimawandel. Betrachtet man weitere Wirkungskategorien, so können auch ökologische Nachteile bei der Herstellung bio-basierter Polymere auftreten – wie es bei jeglicher industriellen Nutzung von Biomasse allein schon durch den landwirtschaftlichen Anbau nachwachsender Rohstoffe unvermeidbar ist.
Die vollständige Studie „Meta-Analyse von Ökobilanzen für bio-basierte Polymere in der Produktion von Proganic®“ kann kostenfrei heruntergeladen werden unter:
www.bio-based.eu/ecology
Kontakt:
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Chemiepark Knapsack
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