K -News vom 10.04.2018

Funktionalisierung im Duroplast-Spritzgießprozess


Hochbelastbare, endlosfaserverstärkte und funktionale Kunststoffbauteile bieten nicht nur für die Automobil- und Luftfahrtindustrie enorme Potenziale. Deshalb untersucht das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Herstellung von FVK-Bauteilen mit duroplastischer Matrix im Spritzgießprozess. 

Die steigende Nachfrage nach Kunststoffbauteilen mit Endlosfaserverstärkung beruht auf ihren hohen mechanischen Festigkeiten bei bis zu 25 Prozent geringeren Gewichten im Vergleich zu Metallbauteilen. Aus diesem Grund ist ihre Herstellung und hierbei insbesondere die Wirtschaftlichkeit des Prozesses sowie die Reduktion von Fertigungsschritten bei kurzen Zykluszeiten Thema diverser Forschungsprojekte. Während FVK-Bauteile mit thermoplastischer Matrix bereits industriell hergestellt und genutzt werden, beschäftigt sich das IKV jetzt erstmals mit der Herstellung endlosfaserverstärkter Leichtbauteile mit duroplastischer Matrix. Duroplaste sind aufgrund ihrer höheren Kältebeständigkeit sowie der höheren mechanischen und thermischen Belastbarkeit in manchen Anwendungen den Thermoplasten überlegen. 

In einem aktuellen Forschungsprojekt untersucht das Forscherteam am IKV die Möglichkeiten Leichtbauteile mit duroplastischer Matrix herzustellen. Analog dem bekannten Verfahren des integrierten Umformens und Hinterspritzens thermoplastischer FVK sollen so die Leichtbaueigenschaften mit der Bauteilkomplexität des Spritzgießens auch für duroplastische Bauteile kombiniert werden. Zwei innovative Prozessrouten kommen dabei zum Einsatz: das Hinterspritzen von zuvor im etablierten RTM-Verfahren hergestellten Bauteilen, eine zweistufige Prozessroute, sowie das Hinterspritzen von Towpreg/Prepreg-Materialien, welche prozessintegriert im Spritzgießprozess aushärten, also eine einstufige Prozessroute. Beide Wege zeichnen sich durch eine im Vergleich zu herkömmlichen Funktionalisierungsstrategien wie Kleben oder Nieten reduzierte Anzahl von Fertigungsschritten sowie durch kürzere Zykluszeiten aus. 

Die erzielten Forschungsergebnisse wie Prozesseinflussgrößen, erzielbare Bauteilkomplexität und Haftverbundeigenschaften sowie die technologische und wirtschaftliche Bewertung können künftig dazu beitragen, die Bauteilkomplexität und Funktionsintegration zu steigern und neue Anwendungsbereiche für duroplastische FVK-Bauteile zu erschließen.

Das Forschungsvorhaben IGF 9EWN wird gefördert von der AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.



Im Duroplast-Spritzgießverfahren hergestellter hinterspritzter RTM-Probekörper - Foto: IKV


Hintergrund:
Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen ist europaweit das führende Forschungs- und Ausbildungsinstitut auf dem Gebiet der Kunststofftechnik. Mehr als 300 Mitarbeiter beantworten hier Fragestellungen rund um die Verarbeitung, Werkstofftechnik und Bauteilauslegung von Kunststoffen und Kautschuken. Die enge Verbindung mit Industrie und Wissenschaft sowie die exzellente Ausstattung des IKV ermöglichen den Studierenden eine praxisnahe und umfassende Ausbildung. Die Aachener Kunststoffingenieure sind deshalb begehrte Spezialisten in der Industrie. Etwa 50 Prozent der deutschen Kunststoffingenieure mit Universitätsabschluss wurden am IKV ausgebildet. Das IKV gliedert sich organisatorisch in die Fachabteilungen Extrusion und Kautschuktechnologie, Faserverstärkte Kunststoffe und Polyurethane, Formteilauslegung und Werkstofftechnik sowie Spritzgießen. Ferner gehören zum Institut das Zentrum für Kunststoffanalyse und -prüfung und die Abteilung Aus- und Weiterbildung. Träger ist eine gemeinnützige Fördervereinigung, der heute rund 290 Unternehmen aus der Kunststoffbranche weltweit angehören. Leiter des Instituts und Geschäftsführer der Fördervereinigung ist Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann. Er ist gleichzeitig Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen.


Kontakt:
Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)
in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen
Seffenter Weg 201
52074 Aachen
Germany 
www.ikv-aachen.de

 




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